Dienstag, 18. Januar 2011

Zwischen den Stuermen

Vor nun etwa einer Woche stapften Christopher und ich fuer drei Tage im kniehohen Schnee in der so ziemlich oestlichsten Provinz Prince Edward Islands, heute schreibe ich darueber aus dem verregneten Westen Kanadas.
So schnell gehts, ich bin wieder "daheim im Westen" in British Columbia.
Aber erst moechte ich von dem Trip nach Prince Edward Islands erzaehlen.

Wie der Name schon sagt, ist die Provinz eine Insel, im Sommer mit der Faehre und ueber die Confederations Bridge zu erreichen, im Winter nur ueber die Bridge.
Die Bruecke ist fast 13 km lang und an der hoechsten Stelle 60 Meter ueber dem Wasser. Von Nova Scotia ueber New Brunswick in die kleinste Provinz Kanadas waren es etwa 5 Stunden Fahrzeit mit unserem Mietauto, bei Schneefall und schlecht geraeumten Strassen das reinste Fahrvergnuegen.
Vor allem da wir SOMMERreifen (Winterreifen pro Tag: 12 Dollar) und ein relativ kleines Auto hatten. In Charlottetown, der Provinzhauptstadt, tauschten wir das Auto wegen gewisser "Maengel" (leichtes Ziehen nach links beim Fahren und Hundehaare im Auto. Mit meiner "schlimmen Hundeallergie" war das unvereinbar. Das mit der Hundeallergie war eine glatte Luege, aber wie Papa so schoen sagt, Frechheit siegt!). So bekamen wir ein etwas groesseres Auto mit kostenlosen Winterreifen-Upgrade, wegen der Unannehmlichkeiten. Oder weil sie kein andres hatten.

Am Ankunftstag streunten wir nur etwas durch Charlottetown und sahen uns das Province House an.
1765 wurde die Stadt gegruendet und spielte etwa 100 Jahre spaeter eine grosse Rolle in Kanadas Geschichte.
Hier ein kurzer Umriss der Entstehung Kanadas. Versprochen, ich machs kurz.
1497 entdeckt der Italiner Giovanni Caboto unter Britischer Flagge Kanadas Ostkueste, 1534 erreicht der Franzose Jaque Cartier Kanada, Koenig Francois I. nimmt es sofort in Anspruch und macht es zu einer franzoesischen Kolonie. 1763 verliert Frankreich die Kolonie aber an Grossbritannien.

Im September 1864 war es dann soweit, die Konferenz von Charlottetown wurde abgehalten. Vertreter aus den Kolonien Nova Scotia, New Brunswick und Prince Edward Island waren geladen, schlussendlich kamen noch Vertreter aus Newfoundland, Ontario und Quebec (letztere zwei waren damals die Kolonie Kanada) dazu. Besprochen wurde die Einfuehrung einer Selbstverwaltung in Form eines vereinigten Dominioms (wohlgemerkt, geplant war der Zusammenschluss von 3 Kolonien, 6 Kolonievertreter erschienen).
Die Ausmasse wurden also immer groesser, bis die Idee von einem Land von Sea to Sea (Pazifik bis Atlantik) entstand. Waehrend der Konferenz wurde die Vereinigung ALLER Britischen Kolonien vorgeschlagen. Einen Monat spaeter wurden in Quebec die ersten Grundsteine fuer eine Vereinigung der Kolonien gesetzt.

Drei Jahre und zwei weitere Konferenzen (in Quebec und London) spaeter schlossen sich die ehemaligen Kolonien zur Kanadischen Konfoerderation zusammen und begruendeten somit das Dominion Kanada. An diesem Tag enstanden die vier Provinzen Ontario, Quebec, New Brunswick und Nova Scotia (Prince Edward Island machte einen Rueckzieher, da es seinen Wohlstand in Gefahr sah). Im Laufe der Jahre kamen weitere Provinzen dazu, Manitoba, British Columbia und Prince Edward Islands (die letzten zwei waren zuvor eigenstaendige britische Kolonien), Alberta, Saskatchewan und 1949 schliesslich Newfoundland.
Somit waeren wir bei 10 Provinzen, ausserdem gibt es drei Territorien, das Yukon-, North-West- und das Nunavut Territorium.
In einem Satz, in Charlottetown entstand die Idee von einem vereinigten Kanada (also, das war doch kurz genug :) ).
Kleiner Farbtupfer in der sonst schneeweisen Landschaft.
Der Hype um Tokio Motel, Justin Bieber oder Twilight ist nichts gegen den, wenn auch stillen, Hype um Anne of Green Gables hier auf Prince Edward Islands. Die erste Ausgabe des Kinderbuchs von Lucy Maud Montgomery erschien 1908, also vor mehr als 100 Jahren. Im englischsprachigen Raum kennt jedes Kind Anne of Green Gables, wie bei uns Pippi Langstrumpf beliebt ist. Die Zwei stehen sogar in Verbindung, Anne of Green Gables war Astrid Lindgrens Lieblingsbuch und somit Vorlage fuer Pippi.
Hier der Chocolate Store of Anne of G.G., direkt neben dem Souvenir Store, wo es wirklich alles von und mit Anne gibt.
 Hier das Haus, das wohl als Drehort diente
Eine nette Ueberraschung war es, ploetzlich auf den Buffalo-Provincial Park zu stossen und nach etwas Suchen tatsaechlich eingeschneite Bueffel zu sehen.
Wofuer die Insel noch bekannt ist, sind die roten und weissen Straende und Leuchttuerme. Was wir aber vorwiegend sahen war Winter, Schnee und nochmal Winter. Hier ein paar Impressionen.
Die Entstehung unseres Eduards! 
   Dick Anziehen war angesagt!
Nach einem netten Wochenende auf Prince Edward Island kehrten wir Sonntag abend wieder zurueck ins inzwischen ebenfalls tief eingeschneite Halifax.
Die naechsten drei Tage vergingen dann ploetzlich sehr schnell und Donnerstag morgen verluden wir meinen Koffer und Rucksack ins Auto und duesten zum Flughafen Halifax, von dem ich nach Vancouver fliegen sollte. Am Vorabend hatte ein Schneesturm Halifax heimgesucht. Die Strassen waren das reine Chaos, Unis, Buecherreien und sogar Shopping-Malls wurden geschlossen, einige Fluege wurden gecancelt. Meiner zum Glueck nicht. Mit nur einer Stunde Verspaetung hob der Flieger ab und machte sich auf den 8-stuendigen Weg nach Vancouver.
So endet meine Zeit in Halifax. Wir wurden im September mit dem Hurrican Earl begruesst und Mitte Januar wurde ich mit einem Schneesturm hinausgeweht, Halifax ist wirklich ein windiges  Plaetzchen.
Christopher habe ich schweren Herzens drueben lassen muessen, wir werden uns am 23. Januar fuer eine Woche Rocky Mountains in Calgary wiedertreffen.
Ich bin jetzt wieder in Chilliwack, bei Valerie und inzwischen dreijaehrigen Tochter Cassidy. Patrizia, mein Nachfolge-AuPair, das ich im Juni eingelernt habe, ist auch noch da, sehr zu meiner Freude. So koennen wir einiges noch zusammen unternehmen, wie zum Beispiel ein letztes Mal nach Vancouver City.
Entsetzt musste ich ausserdem feststellen, dass mein XXL-Koffer, den ich zusaetzlich zu meinem Rucksack kaufen musste, auch nicht ausreicht. So kehre ich wohl mit meinem JackWolfskin-Rucksack, einem XXL-Koffer und einer XXL-Sporttasche nachhause. Was solls :)

Es wird jetzt wohl noch einen, vielleicht zwei Blogeintraege geben, dann ist mein Kanada-Jahr zu Ende! Am 29. Januar heissts fuer mich Abschiednehmen von Kanada.